Warum ist diese Frage nicht so einfach zu beantworten?

Weil wir wenn es um Erkrankungen geht leider häufig zu vereinfachend denken. Also z.B.: Wenn der Knochen bricht und er dann wieder zusammengewachsen ist, sind wir wieder gesund. Oder wenn ein Muttermal entfernt wird, und es zur Gänze entfernt wurde, ist das Übel ja entfernt und ich hab keinerlei Nachteile mehr zu erwarten. Dieses Konzept von krank und gesund wälzen wir auf eine Vielzahl von Erkrankungen um. Beim Typ-2-Diabetes ist das leider nicht so einfach.

Okay, aber warum? Wenn sich der Blutzucker im Verlauf wieder normalisiert, dann ist der Diabetes doch auch wieder weg, oder?

Es ist sehr richtig, daß der Blutzucker wieder sinken kann, in einen Bereich den wir ÄrztInnen dann sogar als „nicht-diabetisch“ bezeichnen würden. Das ist aber noch keine „Heilung“ im eigentlichen Sinn. Nach einer Krankheit wieder völlig gesund (also „geheilt“) zu sein, heisst für die Zukunft, für das weitere Leben, nicht mehr mit der Krankheit befasst zu sein. Bei Diabetes, auch bei sehr gutem Behandlungserfolg, verschwindet die Krankheit aber nicht einfach von der Bildfläche.

Warum ist das so, warum funktioniert das beispielsweise bei einer Lungenentzündung und nicht beim Diabetes?

Eine Entzündung ist zumeist ein vorübergehender und „reversibler“ Zustand. Das heisst der Zustand der Entzündung kann in der Regel (etwa durch die Gabe von Antibiotika) wieder rückgängig gemacht werden. Also die Krankheit kann „geheilt“ werden. Bei Diabetes sind allerdings sehr viel, man könnte sagen zu viele Mechanismen im Spiel, und viele davon sind eben nicht vollständig „reversibel“.

Welche zum Beispiel?

Zum Beispiel kann eine durch chronisch zu hohen Zucker in der Vergangenheit bereits geschädigte Bauchspeicheldrüse nicht so ohne Weiteres wieder Insulin produzieren. Das Organ wurde bereits beschädigt, wie bei einem Motor, der über tausende Kilometer konstant zu hochtourig gefahren wurde. Hoher Zucker im Blut hat eine Vielzahl an schädigenden Einflüssen auf den Körper, unter anderem auch auf die Blutgefäße. Auch dieser Effekt ist nicht so ohne Weiteres umkehrbar.

Die Bauchspeicheldrüse (Lat. “Pankreas”) liegt ungefähr im mittleren Oberbauch. Sie produziert nebst wichtiger Verdaungsenzyme auch das Hormon Insulin, welches den Blutzuckerspiegel regelt. Wird die Bauchspeicheldrüse geschädigt, kann das zu einer Störung des Blutzuckerregulierung und folglich zum Diabetes führen.

Ist Diabetes also heilbar oder nicht?

Die Antwort lautet – leider! – nein, wenn unter Heilung verstanden wird, daß man sich nicht mehr um den Diabetes kümmern muss (wie etwa nach einer abgeheilten Lungenentzündung).

ABER: Die Antwort lautet klar und deutlich ja, wenn es darum geht den Diabetes mit hoher Lebensqualität in den Griff zu bekommen.

Das sind ja super frustrane Nachrichten…

Nein, ganz und gar nicht. Das Ziel der Diabetes Behandlung ist eben nicht die Heilung, sondern ein Umgang mit dem Diabetes, der ein langes und gesundes Leben zum Ziel hat.

Mit den modernen Behandlungen ist es sehr gut möglich, dies auch zu erreichen.

Typ-2-Diabetes kann gut unter Kontrolle gebracht werden. Ein gutes, modernes Therapiekonzept im Einklang mit einem selbstbestimmten positiv eingestellten Patienten, sind dabei die Schlüssel zum Erfolg.

Was kann ich also tun?

Die Behandlung des Diabetes ist heutzutage sehr individuell. Sie erfordert eine genaue Kenntnis der Ursachen des Diabetes. Sehr viel lässt sich in vielen Fällen durch Bemühungen erreichen, die den Lebensstil betreffen. Also in erster Linie die Ernährung und die Bewegung.

Je nach Art des Diabetes setze ich, wenn nötig, unterschiedliche Medikamente ein. Oder es kommen Hormone zur Anwendung, etwas das Insulin und die – weniger bekannten – GLP-1 Agonisten.