Für die meisten von uns ist es das Horror-Szenario schlechthin: Krankheit oder Unfall führen zu einer Situation, in der man plötzlich nicht mehr in der Lage ist, seinen eigenen Willen zu äußern. Und in der man die Kontrolle darüber verliert, was im weiteren Behandlungsverlauf mit einem geschieht.

Dabei ist das Recht auf Selbstbestimmung ein gesetzlich verbrieftes Patientenrecht: Jeder Mensch kann einer Behandlung zustimmen oder diese ablehnen. Mit einer Patientenverfügung ist dies sogar dann möglich, wenn die Fähigkeit, sich anderen gegenüber mitzuteilen, bereits verloren wurde. Vorausgesetzt, man hat in Zeiten uneingeschränkter Urteilsfähigkeit vorgesorgt und eine erstellt.

Was ist eine Patient*innenverfügung?

Eine Patient*innenverfügung ist eine schriftliche Erklärung einer Person, in der sie festlegt, welche medizinischen Maßnahmen im Fall von Entscheidungsunfähigkeit gewünscht oder abgelehnt werden. 

Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen eine Patientenverfügung aufsetzen. Einige haben selbst eine schwere Erkrankung erlebt oder sind aktuell davon betroffen, während andere einfach vorsorglich klären möchten, welche Behandlungen im Falle einer Entscheidungsunfähigkeit unterlassen werden sollen. Oft ist es auch so, dass Patient*innen durch Gespräche mit anderen Betroffenen oder Ärzten bereits konkrete Vorstellungen davon haben, was sie auf jeden Fall vermeiden möchten.

Unabhängig von den Gründen ist eine Patientenverfügung eine wichtige Möglichkeit, um die eigenen medizinischen Versorgungswünsche festzuhalten und so die eigene Selbstbestimmung zu wahren.

Welche Formen der Patientenverfügung gibt es?

Die beachtliche Patientenverfügung

Sie bietet sich an, wenn ein Patient dem behandelnden Arzt eine Orientierungshilfe über seine Vorstellungen geben will oder zum Zeitpunkt der Erstellung vielleicht noch nicht genau weiß, welche Maßnahmen er im Bedarfsfall konkret ablehnen würde. Es ist dies eine relativ häufig gewählte Form der Patientenverfügung. Denn gerade gesunde Patienten wissen in der Regel nicht genau, welche Maßnahmen sie im Bedarfsfall wirklich ablehnen würden. Gut formuliert gibt die beachtliche Patientenverfügung dem behandelnden Arzt  ausreichend Auskunft darüber, welche Maßnahmen oder Eingriffe ein Patient ablehnt.

Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen zwei Formen der Patientenverfügung: einer beachtlichen und einer verbindlichen. Beide sind prinzipiell durch den behandelnden Arzt zu befolgen, sofern die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür erfüllt sind.

Die verbindliche Patientenverfügung

Weiß der Patient hingegen von Beginn an ganz genau welche Maßnahmen er ablehnt, bietet sich eine verbindliche Patientenverfügung an. Hier sind exakte Formvorschriften einzuhalten (z.B. muss die ärztliche Aufklärung genau bestätigt und dokumentiert sein, und die schlussendliche Errichtung vor einem Notar, Rechtsanwalt oder rechtskundigen Patientenvertreter erfolgen). Der Vorteil der verbindlichen Patientenverfügung liegt darin begründet, dass die Ablehnung einer konkreten Maßnahmen klar definiert ist (zum Beispiel das Einbringen eines Trachealtubus in die Luftröhre im Rahmen einer auftretenden Ateminsuffizienz) – sie lässt für den behandelnden Arzt nahezu keinen Interpretationsspielraum offen.

Welche Form der Patientenverfügung im Endeffekt die für den Patienten die passende ist, wird im Zuge des Beratungsgesprächs gemeinsam mit dem die Patientenverfügung erstellenden Arzt festgelegt. Beide Formen haben ihre Vor- und Nachteile, doch diese zu erläutern, würde de Rahmen dieser Kurzübersicht eindeutig sprengen.

Was also steht in einer Patientenverfügung?

Eine Patientenverfügung kann immer nur festhalten, welche Maßnahmen ein Patient strikt ablehnt. Sich explizit Behandlungen oder Maßnahmen zu wünschen und in der Patientenverfügung festzuschreiben, ist nicht zulässig. Es ist die Aufgabe des beratenden Arztes, die Vorstellungen seines Patienten genau zu konkretisieren. Nur so kann im Falle des Falles der Wille des Patienten durch den behandelnden Arzt auch berücksichtigt werden.

Ein Beispiel: Hat der Patient den Wunsch „nicht durch Schläuche oder Maschinen am Leben gehalten zu werden“ (das höre ich in Beratungsgesprächen relativ häufig), so muss ihm der beratende Arzt genau erklären, worum es sich bei diesen Schläuchen und Maschinen handelt. Erst wenn der Patient die entsprechenden Standard-Vorgehensweisen – beispielsweise auf einer Intensivstation – genau erklärt bekommen und auch verstanden hat, kann er in Folge abschätzen, was sein Wunsch für das persönliche Schicksal konkret bedeutet. Und erst dann kann er auch guten Gewissens darüber entscheiden, ob er die Maßnahme wirklich ablehnen will oder nicht.

Der beratende Arzt sollte daher unbedingt über gute Kenntnisse aus dem Bereich der Notfall-, Intensiv- und Palliativmedizin verfügen um seinen Patienten bestmöglich beraten zu können. Ausreichend Zeit für ein intensives Beratungs- und Aufklärungsgespräch ist ein absolutes Muss.

Wer kann eine Patientenverfügung errichten?

Eine Patientenverfügung kann jede einsichts- und urteilsfähige Person errichten, die in der Lage ist, „… den Grund und die Bedeutung einer abgelehnten Handlung einzusehen und ihren Willen nach dieser Einsicht zu bestimmen“ (1). Diese Einsichts- und Urteilsfähigkeit ist dabei unabhängig vom Alter des Patienten – der Gesetzgeber geht davon aus, dass sie ab dem 14. Lebensjahr gegeben ist. Übrigens: Eine Patientenverfügung kann niemals stellvertretend erstellt werden (also beispielsweise durch Eltern, Sachwalter oder einen Stellvertreter): Sie kann ausschließlich „höchstpersönlich“ (1) errichtet werden.

Wie lange dauert die Erstellung und was kostet so was?

Die Erstellung einer Patientenverfügung dauert i.d. Regel zwischen 1,5 und 2 Stunden – je nachdem, wie konkret die Vorstellungen des Patienten zu Beginn des Gesprächs schon sind. In meiner Ordination belaufen sich die Kosten pauschal auf € 275,- und inkludieren ein ärztliches Gutachten über die Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Patienten, sowie die Erstellung der Patientenverfügung inkl. fünf gezeichneter Kopien.

Wo kann ich mich zusätzlich informieren?

Zum Beispiel auf der Website des Bundeskanzleramts. Hier findet man zahlreiche Zusatzinfos inklusive des aktuellen Gesetzestextes. Abseits davon freue ich mich jederzeit auf eure Fragen – einfach Kommentar hinterlassen.

(1) „Patientenverfügung und Selbstbestimmung“ – Leitfaden für Ärztinnen und Ärzte zur Erstellung und Anwendung einer Patientenverfügung; Bundesministerium für Gesundheit, Februar 2009