Das es überhaupt möglich ist, die Lunge als lufthaltiges Organ zu schallen, wurde unter Experten lange Zeit hinterfragt. Denn Luft an sich, kann von Schallwellen nur schlecht durchdrungen werden und stellt ein großes Hindernis bei der Untersuchung von Patient:Innen mittels Ultraschall dar. Doch neue Erkenntnisse bei der Befundinterpretation, sowie die kontinuierliche Weiterentwicklung der Technik, haben diese Vorstellung mittlerweile zur Gänze revidiert. Und unter Covid 19 hat sich überhaupt noch einmal alles verändert.

Die Covid-19-Pandemie: ein Booster für den Thorax- und Lungenultraschall

Es ist leider bittere Wahrheit, dass Kriege und Katastrophen bereits vielen Teilbereichen innerhalb der Medizin zu ihrem Durchbruch verhalfen. Exemplarisch seien die großen Kriege (Afghanistan, Irak, Syrien,…) des neuen Jahrtausends erwähnt: Die im Zuge der Versorgung schwerst verletzter Soldaten und Zivilisten gesammelten Daten haben beispielsweise innerhalb der Traumatologie zur Verwerfung zahlreicher alter Paradigmen geführt und letztlich wertvolle Hinweise für die Weiterentwicklung neuer Therapien geliefert.

Schwerstverletzte Patienten werden im Jahr 2021 anders therapiert als noch zu Beginn des Jahrtausends. Unzählige angeschossene und kriegsverwundete Patient:Innen, sowie die Sammlung der mit ihren Schicksalen verbundenen Daten waren und sind die Basis der Weiterentwicklung einer Vielzahl, heutiger Trauma-Protokolle.

Auch die Covid-19-Pandemie ist da keine Ausnahme: Plötzlich litten Millionen Menschen weltweit an zum Teil schwersten Lungenentzündungen. Der Ruf nach rasch durchführbarer Diagnostik wurde immer lauter. Auf einer Intensivstation beispielsweise, die in der Regel um jede freie Ressource kämpft, liegen die Vorteile der Thorax- und Lungensonografie klar auf der Hand: Sie kann schnell und einfach direkt am Patientenbett durchgeführt werden – und zwar vom behandelnden Arzt selbst (mitunter auch ohne den Facharzt für Radiologie)! Dies spart Zeit und wertvolle Ressourcen.

Gerade seinen Kinderschuhen entwachsen, feiert die Thorax- und Lungensonografie gegenwärtig also ihren großen Auftritt. Zu Recht, wie ich meine. Ihr diagnositisches Potenzial geht weit über die Intensivstation hinaus. Sie liefert zuverlässige Ergebnisse und ist somit auch im niedergelassenen Bereich ein “Gamechanger” innerhalb des Managements zahlreicher Erkrankungen.

Die wichtigsten Fragen zum Lungen-Ultraschall

1. Um was für eine Untersuchung handelt es sich bei der Lungen- und Thorax-Sonografie?

Die Lungen- und Thoraxsonografie ist eine Point-Of-Care-Ultraschall Untersuchung (kurz: POCUS). Grundlage aller sonografischen Untersuchungen sind dabei hochfrequente Schallwellen, mithilfe derer Reflexionen der Computer ein Bild des untersuchten Gewebes erzeugt. Dieses Bild hilft dem Arzt beim Stellen einer Diagnose, indem er seine klinisch erhobenen Befunde mittels Bildgebung bestätigen kann.

Vermutet der Arzt beispielsweise eine Lungenentzündung, sucht er nach ganz bestimmten Mustern im Ultraschall-Bild. Findet er diese (oft sehr krankheits-spezifischen) Veränderungen, ist die Diagnose bestätigt und ebnet den Weg für einen Therapie-Standard.

Gerade Kinder profitieren von der Thorax- und Lungensonografie, da sie zur Gänze ohne Strahlenbelastung auskommt.

2. Bei welchen Erkrankungen wird die Thorax- und Lungensonografie eingesetzt?

Die Sonografie von Thorax- und Lunge findet überwiegend bei akuten Krankheitsbildern Anwendung. Dazu gehören:

  • jede Form von Kurzatmigkeit und Atemnot
  • akute Infektionen der unteren Atemwege zur Sicherung der Diagnose Lungenentzündung
  • die Feststellung von Flüssigkeit innerhalb der Lunge (Lungenödem), z.B. bei bestimmten Herzerkrankungen
  • die Feststellung eines Pleuraergusses (Flüssigkeit innerhalb der Brusthöhle), z.B. als Folge einer Herzschwäche oder Lungenentzündung
  • COPD (chronisch obstruktiven Lungenkrankheit) und Asthma
  • der Ausschluss eines großen Pneumothorax (Luft im Bereich des Rippenfells mit Kollaps der Lunge)
  • die Diagnose von Rippen- und Brustbein-Frakturen
  • spezielle Fragestellungen innerhalb der Intensiv- und Notfallmedizin (z.B. ARDS)

Die Thorax- und Lungensonografie erfolgt stets als Ergänzung der klinischen Untersuchung der Patient:In als Teil eines umfassenden Behandlungs-Protokolls.

3. Wie wird die Untersuchung durchgeführt?

Die Untersuchung erfolgt am liegenden respektive sitzenden Patienten. Der Oberkörper ist dabei vollständig entkleidet. Es werden insgesamt bis zu 12 Positionen am Thorax auf das Vorhandensein krankheitsspezifischer Veränderungen untersucht um ein möglichst umfassendes Bild des Patienten und seiner Erkrankung zu erlangen.

4. Ersetzt die Thorax- und Lungensonografie das klassische Lungenröntgen?

Das hängt von der jeweiligen Art der Erkrankung ab und muss von Ihrer Ärztin resp. Ihrem Arzt entschieden werden. Bei der Diagnose einer Lungenentzündung, sichert die Thorax- und Lungensonografie die Diagnose mit einer höheren Präzision als ein konventionelles Lungenröntgen(1). Auch Rippen- und Brustbeinfrakturen können mittels Thorax-Sonografie besser entdeckt werden als im konventionellen Thoraxröntgen (2).

5. Welche Vorteile hat die Thorax- und Lungensonografie gegenüber anderen radiologischen Methoden?

Der wohl größte Vorteil der Thorax- und Lungensonografi ist, dass sie – wie jede Ultraschall-Untersuchung –gänzlich ohne Strahlenbelastung für den Körper auskommt. Sonografie funktioniert ausschließlich mittels hochfrequenter Schallwellen, die für den Körper unbedenklich sind.

Zudem ist die Untersuchung in der Regel rasch durchführbar und kann von Ihrem Arzt meist direkt im niedergelassenen Bereich durchgeführt werden.

Fragen?

Gerne beantworte ich Ihnen alle Fragen zur Thorax- und Lungen-Sonografie: einfach Kommentar hinterlassen.

Quellen:

  1. Lichtenstein et al.; “Lung ultrasound in the critically ill”; Annals of Intensive Care volume 4, Article number: 1 (2014)
  2. Elham et al.; “Comparison of ultrasonography and radiography in diagnosis of rib fractures”; Chinese Journal of Traumatology 20/4, 226-228, (2017)